Lotussitz (Padmasana)

Frau im Lotussitz Padmasana

1 Die Yoga Übung Lotussitz (Padmasana) kurz erklärt

Der Lotussitz ist eine der bekanntesten Yoga-Übungen. In der alt-indischen Sprache Sanskrit, aus der im Yoga alle Bezeichnungen stammen, heißen diese Übungen “Asanas” und der Lotussitz ist die Padma-Asana. Spätere Yogi (indische Yoga-Meister, -Lehrer, -Übende) haben den Namen zu Padmasana zusammengezogen.

Diese Asanas werden in sieben Übungs-Gruppen eingeteilt, die mit einer immer gleichen Entspannungs-Übung abgeschlossen werden:

  • Standhaltungen: wirken aktivierend und kräftigend
  • Umkehrhaltungen: Herz über Kopf = Gefühl über Verstand, gelten neben den Meditations-unterstützenden Sitzpositionen als wichtigste und wirkungsvollste Yoga-Übungen
  • Rückbeugen: aktivierende Herzöffner, bei denen der Oberkörper nach hinten gebeugt und so der Brustbereich gedehnt wird
  • Vorbeugen: führen ins Innere, weil es beruhigend wirkt, wenn der Oberkörper der Vorderseite der Beine genähert wird
  • Drehhaltungen: wirken entgiftend und können durch Mobilisation der Wirbelsäule auch starke emotionale Blockaden lösen
  • Gleichgewichtshaltungen: wirken erdend und stabilisierend, die Balance-Haltung fördert auch die innere Balance
  • Sitzhaltungen: umfassen sitzend ausgeführte Dehnübungen und spezielle Sitzpositionen zum Meditieren
  • Schlussentspannung mit der Totenhaltung Shavasana: wichtiger Abschluss, durch deren Tiefenentspannung sich erst die volle Wirkung der Übungen entfaltet

Der Lotussitz gehört zu den Sitzhaltungen, die zur Meditation eingenommen werden. Der vollendet ausgeführte Lotussitz verlangt viel vom Yogi/der Yogini: Du sitzt mit geradem Rücken am Boden, die Beine werden vor dem Becken gekreuzt, der rechte Fuß ruht mit der Fußsohlen nach oben auf dem linken Oberschenkel, der linke Fuß ruht in gleicher Position auf dem rechten Oberschenkel. Wenn es gelingt, in dieser schwierigen Körperhaltung in Entspannung zu kommen, zeigt die Padmasana-Übung viele gute Wirkungen für Yogi und Yogini:

2 Positive Wirkung und Vorteile

  • Öffnet die Hüfte
  • Knöchel und Knie werden gedehnt
  • Hilft für eine gute Körperhaltung (hält die Wirbelsäule gerade)
  • Beruhigenden Effekt auf das Gehirn
  • Erhöht die Aufmerksamkeit und Wahrnehmung der Umgebung
  • Hilft bei Menstruationsbeschwerden
  • Schafft physische Stabilität beim Meditieren
  • Gleicht das Energielevel im Körper aus

Der Lotussitz – die totale Entspannung

Der Lotussitz ist nur eine von neun Sitzhaltungen, die die Meditation fördern sollen, nimmt aber unter diesen Asanas als “optimale Meditationshaltung” eine herausragende Stellung ein. Diese Bedeutung wird durch die Benennung nach der Lotus-Pflanze betont:

Die Lotus-Pflanze verfügt über die einzigartige Fähigkeit, ihre Blätter immer rein zu halten: Sie haben eine ganz besonders strukturierte, flüssigkeitsabweisende Oberfläche. Da Wasser auf den Lotusblättern abperlt, können sich weder Staub noch Pilze oder andere Schadorganismen auf der Fläche festsetzen, der Lotos bleibt sauber, rein und gesund.

Wegen der Fähigkeit, jeglichen Schmutz von sich zu weisen, wird der Padma (Lotus) in der asiatischen Heimat des Yoga seit Jahrtausenden als Symbol für Reinheit und Erleuchtung betrachtet. Weil totale Entspannung in Meditation nur gelingen kann, wenn der Yogin allen “seelischen Schmutz” und störende, unreine Gedanken von sich weist, wurde der perfekte Meditationssitz nach dem Lotus Padma-Asana genannt.

Die Haltung im Padmasana ist aus mehreren Gründen perfekt für die Meditation:

  • Der Lotussitz bildet eine stabile Sitzhaltung, festen Sitz auch ohne Unterstützung durch ein Meditationskissen
  • Dadurch ist der Padmasana sehr angenehm für den Rücken
  • Der Körper des Yogin bildet an der Ebene ein vollkommenes Dreieck, das Energie zur Nadi Sushumna leitet (der Energieleitbahn des Rückgrats)
  • In die Senkrechte zeigt ein zweites Dreieck, das beim Aufsteigen der Energie hilft
  • Weil das Herz des Übenden von allen Seiten aus genau in der Mitte liegt, spürt er in Padmasana sehr gut sein Herz-Chakra (spürt Liebe und Freude)
  • Die Fersen berühren an den vorderen Bauchseiten die zwei weiteren Energieleitbahnen (die Nadis Ida und Pingala), durch deren Aktivierung Energie nach oben geleitet wird
  • Damit werden im Lotussitz die drei wichtigsten Nadis (Energieleitbahnen) berührt und aktiviert, die den Körper mit Prana (Lebensenergie) versorgen
  • Weil die Fußsohlen nach oben zeigen, nehmen auch die Füße Energie auf, was der Energie Aufsteigen hilft
  • Diese Position in ganz natürlicher Aufrichtung ermöglicht langes und ruhiges Sitzen und völlig ungestörte Fokussierung
  • Deshalb eignet sich die Lotusstellung am besten für Meditation, Konzentration und Pranayama (Atemübungen, die Körper und Geist zusammenführen)

Wenn der Lotussitz in Vollendung ausgeführt wird, ähnelt die Beinposition in dieser Asana einem blühenden Lotus. Frühe historische Abbildungen belegen, welche Bedeutung der Lotusstellung in der Yogapraxis zukommt: Bereits auf alten Siegel in Harappa, der bedeutendsten archäologischen Ausgrabungsstätte der rund 5000 Jahre alten Induskultur, finden sich Abbildungen der Lotusstellung. Auch Shiva, der asketische, meditierende Gott des Hinduismus und der Buddhismus-Begründer Siddhartha Gautama werden meist im Lotussitz dargestellt.

3 Padmasana – der Lotus-Sitz und seine Variationen

Die Meditation soll die Lebensenergie fließen lassen, Geist und Körper zu einem harmonischen Miteinander vereinen. Weil das am besten gelingt, wenn Geist und Körper in optimaler Verfassung sind, sind die Asanas immer auch Übungen für den Körper. Die Padmasana wird deshalb auch als grundlegende Übung beschrieben, um die mit Hüfte, Becken und Beinen verbundenen Muskeln normal elastisch zu erhalten.

Da diese Beschreibung von geübten Yoga-Meistern und außerdem aus Zeiten stammt, in denen noch sehr viel mehr Bewegung zum Alltag der Menschen gehörte, kann diese “normale Elastizität” heute nicht mehr einfach vorausgesetzt werden. Die meisten Yoga-Anfänger von heute müssen vielmehr die Erfahrung machen, dass ihre Muskeln, Sehnen und Bänder nicht über die Elastizität verfügen, die im Yoga vorausgesetzt wird. Deshalb wird der volle Lotussitz auch heute als Asana für sehr fortgeschrittene Yogin angesehen, an den sich die Übenden über diverse Variationen und Abwandlungen “herantasten”:

Gesunde, gelenkige Menschen kommen in der Regel mit den gerade vorgestellten Grundübungen mit der Zeit in den Lotussitz. Wenn bei individuellen Schwächen eine individuelle Vorbereitung notwendig ist, sollte diese unbedingt zusammen mit einem erfahrenen Yogalehrer angegangen werden.

4 Lotussitz Lernen (Die Anleitung)

Im Lotussitz werden die Beine angewinkelt und über Kreuz gelegt. Die Wirbelsäule ist gerade und aufgerichtet.

Es gibt auch heute Menschen, die ihre Beweglichkeit schon als Kind ausgebaut und seitdem durch ständige gymnastische Übung nie verloren haben. Wenn du zu zu diesen Menschen gehörst, kannst du möglicherweise auf Anhieb im Lotussitz üben.

Frau im Lotussitz (Padmasana)

So gehst du vor, um die Meditationsposition einzunehmen:

  1. Setz dich auf eine Yoga-Matte und strecke die Beine gerade vor dir aus
  2. Führe die gleich unten beschriebenen Vorübungen durch
  3. Achte darauf, dass du deinen Rücken ganz gerade hältst
  4. Beuge dein rechtes Bein nach innen und lege den rechten Fuß auf dem linken Oberschenkel ab
  5. Der linke Fuß wird in gleicher Art auf dem rechten Oberschenkel abgelegt
  6. Beide Füße sollen so weit oben liegen, dass die Fersen den Unterbauch berühren, und können sanft etwas herangezogen werden
  7. Die Knie sollen den Boden berühren und müssen dazu meist etwas heruntergedrückt werden
  8. Die Fußsohlen sind zunächst meist auf den Unterbauch gerichtet und werden nun sanft gedreht, bis sie nach oben zeigen
  9. Die Hände können vor der Brust in der “Gebetshaltung” Anali Mudra aneinander gelegt werden oder auf den Knie abgelegt werden
  10. Wenn du die Hände auf den Knie ablegst, kannst du Zeigefinger- und Daumenspitze zur Handgeste Jnana Mudra zusammenführen

Für jeden einzelnen Punkt gilt: Beachte unbedingt die Grenzen deines Körpers, um Schäden an Sehnen, Bändern, Muskeln zu vermeiden.

jnana-mudra

4 Meditieren im Lotussitz

Wenn es dir gelingt, die gerade beschriebenen Schritte bis zur End-Position durchzuführen, ohne dass du durch Ziehen oder Schmerzen in Hüften oder Knien gestört wirst, bist du bereit für das Meditieren im Lotussitz.

Bevor du dich in die Meditation vertiefst, kannst du noch einmal überprüfen, dass dein Sitzt fest und stabil und dein Rücken schön gestreckt und gerade ist. Dann kannst du mit einigen Atemübungen beginnen, die dir dabei helfen, die Energien ungehindert durch den Körper fließen zu lassen. Je nach vorhandener Elastizität kannst du dich in dieser perfekten Meditations-Position für mehrere Stunden in die Meditation versenken – solltest die die Haltung aber sofort abbrechen, wenn du Schmerzen in den Extremitäten, im Beckenbereich oder dem Rücken spürst.

Denn erfolgreiches Meditieren ist nur in einer Position möglich, die für dich bequem ist – nur so kann der Körper in den gewünschten ruhigen Zustand kommen, nur dann kann sich der Stoffwechsel nach und nach verlangsamen, damit die Energie fließen kann und der Geist klarer und ruhiger wird.

Falls du dich dem vollen Lotussitz erst durch Übungen annähern musst, splltest du dich dadurch nicht entmutigen lassen:
Das Erlernen des Lotussitzes erfordert Geduld, das Erlernen einer tiefen Meditation erfordert diese Geduld aber noch in einem sehr viel höheren Maße. Jedes Mal, wenn du eine der vorbereitenden Variationen übst, übst du zugleich die Konzentration und Achtsamkeit, die dir später die bewusstseinsverändernde Meditation im Lotussitz ermöglichen wird.

5 Tipps zur Schonung der Knie

Beim vollen Padmasana kommt es auf die Beweglichkeit aller Sehnen, Bänder und Gelenke an. Diese Beweglichkeit soll und darf aber nur innerhalb der natürlichen Grenzen des menschlichen Körpers beansprucht werden. Dabei sind die Knie die kritischen, limitierenden Punkte, weil die Kniegelenke von Natur aus nicht in jede Richtung beweglich sind/sein sollten. Der volle Padmasana muss aus den Hüften kommen, nicht aus einer falschen Drehung der Knie.

Sobald deine Knie beginnen, zu ziehen, bist du deshalb auf dem falschen Weg. Das kannst du korrigieren, indem du zu den Aufwärmübungen für die Hüften zurückkehrst und diese mehrfach wiederholst – was häufig über Tage und Wochen notwendig ist.

6 Welche Vorübungen eignen sich?

Auch fortgeschrittene Yogi gehen nicht “von Null auf 100” in den Lotussitz, sondern bereiten sich durch Drehen und Lockern der Füße und Fußknöchel, Beugen der Knie und Lockerungsübungen der Hüften vor.

Als Lockerungsübung der Hüfte eignet sich zum Beispiel die “Tischhaltung”: Am Boden sitzend Füße breitbeinig aufstellen, Arme hinter dem Körper abstützen, Hüfte nach vorne/oben anheben und mit Gefühl nach links und rechts drehen. Oder der sanfter Hüftöffner, den du hier betrachten kannst: www.yogaeasy.de/videos/sanfte-hueftoeffner-voruebung-zum-lotussitz, unten findest du weitere Filme zu Vorübungen.

Für ungeübte Yogi/Yogini sind diese Vorübungen sehr wichtig, und sie bringen dich in jedem Fall weiter: Selbst wenn du anfangs kaum über die Vorübungen hinauskommst, bereiten sie dich jedes Mal ein wenig besser auf die Vollendung des Lotussitzes vor.

7 Darauf solltest du achten

Wenn du stechende Schmerzen in Füßen, Knien oder Hüfte hast, verlasse die Position sofort. Es sollte dir keine Schmerzen verursachen.

Wechsel den Lotussitz mit beiden Beinen ab, um sie gleichmäßig zu trainieren.

Integrierst du den Lotussitz in deine Yoga-Übungen? Mich würden deine Erfahrungen in den Kommentaren sehr interessieren.

2 thoughts on “Lotussitz (Padmasana)

  1. Laura says:

    Danke für diese wunderbare Seite! Ich besuche schon seit längerem einen yogakurs aber ich habe für zu hause genau so etwas gesucht um ab und zu die übungen in meiner umgebung zu machen! Die einzelnen übungen sind auch sehr anschaulich und toll erklärt ohne zu langweilen.

  2. Pingback: Normal ist das nicht – Daran erkennst du, dass du es mit Yoga übertreibst - Yogadude

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